Dr. Matthias Hörster

Die strict liability des englischen Strafrechts

Zugleich eine Gegenüberstellung mit dem deutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

Status

Das Projekt ist abgeschlossen

Publikation

  • 249 Seiten; Berlin, 2009
  • ISBN: 978-3-86113-855-6
  • Preis: 31 EUR / 48 sFr

Die Figur der strict lia­bi­li­ty des eng­li­schen Straf­rechts, bei der hin­sicht­lich ein­zel­ner Tat­be­stands­merk­ma­le auf den Nach­weis einer sub­jek­ti­ven Tat­sei­te im Sinne vor­sätz­li­chen oder fahr­läs­si­gen Ver­hal­tens ver­zich­tet wird, scheint dem deut­schen Recht wie kaum ein zwei­tes Kon­strukt dog­ma­tisch fremd zu sein. Da­ne­ben wirft eine straf­recht­li­che strict lia­bi­li­ty auch Fra­gen von ganz grund­sätz­li­cher Be­deu­tung auf, nicht zu­letzt mit Blick auf die Vor­ga­ben der EMRK.

Die Un­ter­su­chung er­schließt dem Leser die strict lia­bi­li­ty – auch unter Be­rück­sich­ti­gung ge­mein­schafts­recht­li­cher Vor­ga­ben – bis in ihre neu­es­ten Ent­wick­lun­gen. In einem zwei­ten Teil wird die These un­ter­sucht, wo­nach die strict lia­bi­li­ty eine Be­son­der­heit des Com­mon Law dar­stellt, die im deut­schen Recht keine wirk­li­che Par­al­le­le hat. Hier­zu wird im Wege einer funk­tio­na­len Rechts­ver­glei­chung be­leuch­tet, auf wel­che Weise das deut­sche Straf­recht mit Sach­ver­hal­ten um­geht, die das eng­li­sche Recht über die Figur der strict lia­bi­li­ty zu lösen ver­sucht.

Die Ar­beit ver­deut­licht, dass pau­schal ab­leh­nen­de Ur­tei­le der strict lia­bi­li­ty nicht ge­recht wer­den. Iso­lier­te Be­trach­tungs­wei­sen ohne Be­rück­sich­ti­gung des Ge­samt­sys­tems unter Ein­be­zie­hung des Pro­zess­rechts grei­fen zu kurz und zei­ti­gen un­voll­stän­di­ge Er­geb­nis­se. Tat­säch­lich ge­lin­gen im eng­li­schen Recht die Be­hand­lung be­stimm­ter Le­bens­sach­ver­hal­te und die Be­wäl­ti­gung ihrer recht­li­chen Pro­ble­me im Er­geb­nis in­fol­ge ent­spre­chen­der Kor­rek­ti­ve oft­mals deut­lich bes­ser und er­schei­nen die ge­fun­de­nen Er­geb­nis­se sehr häu­fig weit we­ni­ger be­denk­lich, als dies der über eine strict lia­bi­li­ty ge­wähl­te An­satz­punkt zu­nächst ver­mu­ten lässt.

In rechts­ver­glei­chen­der Hin­sicht zeigt die Ar­beit, dass die im eng­li­schen und die im deut­schen Recht ge­fun­de­nen Kon­zep­te zur Be­hand­lung be­stimm­ter Le­bens­sach­ver­hal­te und zur Lö­sung be­stimm­ter recht­li­cher Her­aus­for­de­run­gen sich gar nicht so un­ähn­lich sind. Das deut­sche Recht kennt in ty­pi­schen Be­rei­chen der strict lia­bi­li­ty zu­min­dest funk­tio­na­le Äqui­va­len­te und ar­bei­tet mit ma­te­ri­al ver­gleich­ba­ren Über­le­gun­gen. Auch der deut­sche Ge­setz­ge­ber und die deut­sche Rechts­pra­xis kön­nen sich nicht von ge­wis­sen Zwän­gen frei­ma­chen. Zum Zwe­cke einer zu­frie­den­stel­len­den und prak­ti­ka­blen Lö­sung be­stimm­ter Pro­blem­stel­lun­gen wer­den spä­tes­tens bei der Rechts­an­wen­dung ge­wis­se Ab­stri­che von den ei­ge­nen theo­re­ti­schen und prin­zi­pi­en­ori­en­tier­ten An­sprü­chen ge­macht, wobei An­sät­ze ver­folgt wer­den, denen funk­tio­nal eine der strict lia­bi­li­ty ent­spre­chen­de Auf­ga­be bei der Lö­sung be­stimm­ter Rechts­pro­ble­me zu­kommt: eine star­ke Ori­en­tie­rung an Prä­ven­ti­ons­be­stre­bun­gen zum Schutz der All­ge­mein­heit, um­fas­sen­de Pflich­ten und Ver­ant­wort­lich­kei­ten ge­wis­ser Rol­len­trä­ger sowie eine prag­ma­ti­sche Hand­ha­bung be­stimm­ter Le­bens­sach­ver­hal­te (z.B. die Mas­sen­de­lik­te des täg­li­chen Le­bens). Die tat­säch­li­chen und rechts­prak­ti­schen Aus­wir­kun­gen und Er­geb­nis­se der un­ter­schied­li­chen Kon­zep­te stim­men je­den­falls in be­stimm­ten Be­rei­chen sehr häu­fig über­ein, die Un­ter­schie­de im theo­re­ti­schen An­satz schwin­den bei einer funk­tio­na­len Ge­gen­über­stel­lung.

Wäh­rend zur Klä­rung der Frage, ob die Un­ter­schie­de zwi­schen dem eng­li­schen und dem deut­schen Straf­recht in Bezug auf die strict lia­bi­li­ty tat­säch­lich so groß sind, wie viel­fach an­ge­nom­men wird, eine Kon­zen­tra­ti­on ein­zig auf dog­ma­ti­sche und struk­tu­rel­le Di­ver­gen­zen und Ge­mein­sam­kei­ten somit noch ein ver­zerr­tes, weil zu vor­der­grün­di­ges Bild er­gibt, of­fen­bart eine funk­tio­na­le Ge­gen­über­stel­lung – un­ge­ach­tet gleich­wohl be­ste­hen­der Un­ter­schie­de – zahl­rei­che Par­al­le­len und Ent­spre­chun­gen bei der Her­an­ge­hens­wei­se an be­stimm­te Sach­pro­ble­me sowie auch bei den prak­ti­schen Er­geb­nis­sen. Zwar ist vie­les an­ders, aber letzt­lich doch sehr ähn­lich.

Dr. Matthias Hörster

Dr. Mat­thi­as Hörs­ter wurde in Frei­burg im Breis­gau ge­bo­ren. Von 1999 bis 2005 stu­dier­te er Rechts­wis­sen­schaf­ten an der Al­bert-Lud­wigs-Uni­ver­si­tät Frei­burg. Das Erste Ju­ris­ti­sche Staats­ex­amen ab­sol­vier­te er im Juli 2005.

Den ju­ris­ti­schen Vor­be­rei­tungs­dienst leis­te­te er in Frei­burg ab und be­en­de­te ihn 2010 mit der Zwei­ten Ju­ris­ti­schen Staats­prü­fung.

Von 2005 bis 2010 war er am In­sti­tut für Straf­recht, Straf­pro­zess­recht und Rechts­phi­lo­so­phie an der Al­bert-Lud­wigs-Uni­ver­si­tät Frei­burg als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter tätig. Wäh­rend sei­ner Zeit als Dok­to­rand ver­brach­te Dr. Hörs­ter einen halb­jäh­ri­gen For­schungs­auf­ent­halt am All Souls Col­le­ge, Uni­ver­si­ty of Ox­ford.

Die Auf­nah­me in die Re­se­arch School er­folg­te im März 2007. 2008 schloss er seine Pro­mo­ti­on ab.

Dis­ser­ta­ti­ons­be­treu­er:
Prof. Dr. Wolf­gang Frisch