Christiane Bruhn

Das Beweisverfahren im Brasilianischen Strafprozessrecht

An Analysis Inspired by Selected Features of the German Criminal Procedure and US-American Criminal Procedure and Evidence Law

In Brasilien wird derzeit mit Hochdruck an einer neuen Strafprozessordnung gearbeitet. Bislang führten ein langandauernder kostspieliger Prozess, den sich vor allem Reiche leisten konnten, und korrupte Behörden zu einer Lähmung des Strafprozesses. Mittellose Beschuldigte warten dagegen in der Regel lange in Untersuchungshaft, obwohl ihnen die Verfassung einen effektiven Rechtsschutz garantiert. Diese Ungleichbehandlung wird durch die geltende Strafprozessordnung, die trotz etlicher Modifizierungen noch immer auf der italienischen Strafprozessordnung von 1930 (Codice Rocco „di rito“) basiert und der Verfassung bislang nicht angepasst wurde, unterstützt. Auch die große Reform von 2008, die vor allem das Beweisverfahrensrecht modifizierte, erreichte die erhoffte Aufhebung der Ungleichbehandlung von Beschuldigten nicht. Stattdessen führte sie zu inkohärenten Querverweisen innerhalb des Strafprozessrechts und zu einer Vermischung von inquisitorischen und adversatorischen Elementen.

Die vorliegende rechtsvergleichende Arbeit analysiert die Effektivität des Strafprozessrechts in Brasilien und sucht nach den verfahrensrechtlichen Gründen für die deutliche Ungleichbehandlung der Beschuldigten unterschiedlicher sozialer Schichten. Forschungsziel ist deshalb zunächst die Untersuchung des brasilianischen Beweisverfahrens, das das Kernstück der Hauptverhandlung ist. Mit dem deutschen und US-amerikanischen Beweisverfahrensrecht werden im Anschluss zwei weitere Verfahrensmodelle als Beispiele des modifiziert-inquisitorischen sowie adversatorischen Verfahrens erforscht.

Die Forschungsfragen werden anhand der funktionalen Methode beantwortet. Bei den Ländern wurden Deutschland und die USA aufgrund ihrer Einflüsse auf ausländische Strafverfahren, nicht zuletzt auch auf das brasilianische Strafverfahren, ausgewählt. Die Untersuchung ist in drei Teile gegliedert: In einem ersten Teil werden die Grundlagen des brasilianischen Strafverfahrens vorgestellt. Die funktionale Methode spiegelt sich im zweiten und dritten Teil der Arbeit wider, die sich mit dem Beweisverfahren, in concreto mit dem Ziel und Gegenstand der Beweisaufnahme, Beweisarten und Beweismittel in Brasilien, Deutschland und den USA beschäftigt.

Christiane Bruhn
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Christiane Floriani Bruhn wurde in Rio de Janeiro in Brasilien geboren. Von 2005 bis 2010 studierte sie Rechtswissenschaften an der Bundesuniversität Rio de Janeiro und erwarb das Bachelor-Diplom. Von 2008 bis 2010 arbeitete sie als Praktikantin an der dortigen Fakultät. Sie legte 2011 in Rio de Janeiro ihre Zulassungsprüfung (Ordem dos Advogados do Brasil) zur Rechtsanwältin ab. Von 2013 bis 2016 nahm sie am Magisteraufbaustudiengang der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg teil, den sie mit dem Titel Legum Magister (LL.M.) abschloss. Für die Ausarbeitung ihrer Doktorarbeit erhält sie ein Stipendium vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht.

Die Aufnahme in die Research School erfolgte im November 2016.

Dissertationsbetreuer:
Prof. Dr. Walter Perron