Dr. Nico Herbert

Strafrechtlicher Schutz von EU-Subventionen

Reichweite und Grenzen in Deutschland, Österreich und England am Beispiel nicht wirtschaftsfördernder Subventionen

Status

Das Projekt ist abgeschlossen

Publikation

  • 320 Seiten; Berlin, 2013
  • ISBN: 978-3-86113-823-5
  • Preis: 38 EUR

Die Komplexität von Systemen und Handlungsabläufen, der Prozess der Technisierung und das Streben nach Optimierung führen dazu, dass Handlungen im Alltag mit immer größeren Risiken verbunden sind. Auf solche Risiken reagiert das Strafrecht in bestimmten Bereichen mit einer weitreichenden Risikohaftung. Insbesondere im Wirtschaftsrecht gibt es ein Bedürfnis, unerlaubten Gefährdungen mit strafrechtlichen Regelungen entgegenzutreten. Welche Grenzen diesbezüglich bei Personen bestehen, die nicht täglich an komplexen Wirtschaftsprozessen teilnehmen, wurde bislang nicht ausreichend erörtert.

Gegenstand der Untersuchung ist der Missbrauch von Subventionen. Seit dem von europarechtlichen Vorgaben geprägten EU-Finanzschutzgesetz von 1998 unterfallen in Deutschland auch nichtwirtschaftliche EU-Subventionen dem Tatbestand des Subventionsbetrugs. Dieser ist als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet, das im Vergleich zum Betrug nach § 263 StGB im objektiven Tatbestand auf die Erfordernisse des Irrtums, einer Vermögensverfügung, eines Schadens und im subjektiven Tatbestand auf das Merkmal der Bereicherungsabsicht verzichtet und darüber hinaus neben vorsätzlichem Handeln auch „leichtfertiges“, d.h. grob fahrlässiges Verhalten unter Strafe stellt. Durch die Einbeziehung nichtwirtschaftsfördernder Subventionen aus dem Haushalt der EU sind Personen dem Tatbestand des § 264 StGB ausgesetzt, die nicht täglich an komplexen Wirtschaftsprozessen teilnehmen. Vor diesem Hintergrund muss die seit jeher bestehende Kritik an der Strafwürdigkeit der Kriminalisierung der Leichtfertigkeit in § 264 StGB wieder aufleben.

Ziel der Arbeit ist es, die Legitimität des § 264 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 7 S. 1 Nr. 2 StGB vor dem Hintergrund des Grundgesetzes und den Anforderungen einer sachgerechten Kriminalpolitik zu untersuchen. Forschungsthese ist dabei, dass die Norm auch nicht strafwürdiges Verhalten erfasst und somit Verdachtsstrafen ermöglicht. Als weiterführendes Ziel dieser konkreten Untersuchung werden generelle Kriterien für die Grenzen der Kriminalisierung der Leichtfertigkeit im Wirtschaftsstrafrecht erarbeitet. Die Bedeutung solcher Grenzen wächst vor dem Hintergrund der Bemühungen der EU, die Anforderungen des subjektiven Tatbestands des Subventionsbetrugs abzusenken.

Um die europarechtlichen Vorgaben zu erfassen und der EU Grenzen für eine Verschärfung im Bereich des subjektiven Tatbestands des Subventionsbetrugs zu setzen, wird ein Rechtsvergleich mit England und Österreich herangezogen. England wurde dabei als Vergleichsland gewählt, da das angloamerikanische Recht abweichende Lösungen bei der Eindämmung von Risiken im Wirtschaftsrecht verspricht. Der Vergleich mit Österreich ist von großem Interesse, da das EU-Übereinkommen in diesem Land offensichtlich anders als in Deutschland umgesetzt wurde: Der Verzicht auf die Kriminalisierung der Leichtfertigkeit deutet einen anderen Umgang mit der strafrechtlichen Verantwortung für riskantes Verhalten im Wirtschaftsstrafrecht oder mit der Normierung von Verdachtsstrafen an.

Die Arbeit gliedert sich in fünf Teile. Im ersten werden die europarechtlichen Vorgaben für die Normierung eines Subventionsmissbrauchs ermittelt. An diesen Teil schließen sich die drei Landesberichte an. Darin wird jeweils zunächst die Reichweite des strafrechtlichen Schutzes nichtwirtschaftsfördernder EU-Subventionen dargestellt. Daraufhin zeigt die Arbeit in jedem Landesbericht die Kritik an der Reichweite des nationalen strafrechtlichen Schutzes nichtwirtschaftsfördernder EU-Subventionen vor dem Hintergrund der jeweiligen nationalen Grenzen des Strafrechts auf. Der fünfte Teil der Arbeit widmet sich dem Vergleich der in den Landesberichten gewonnenen Ergebnisse.

Dr. Nico Herbert

Dr. Nico Herbert wurde in Bad Hersfeld geboren. Von Oktober 2003 bis Januar 2009 studierte er Rechtswissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Im Januar 2009 schloss er sein Studium mit dem Erwerb des Ersten Juristischen Staatsexamens ab.

Von September 2008 bis September 2009 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Dekanat der Juristischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, von der ihm im Sommersemester 2009 ein Lehrauftrag im Strafrecht erteilt wurde. Von September 2008 bis September 2010 war er zudem wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Prof. Dr. Walter Perron an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seit September 2010 belegt Nico Herbert einen Postgraduierten-Studiengang an der University of Nottingham in England.

Die Aufnahme in die Research School erfolgte im September 2009, der Abschluss im November 2012.

Dissertationsbetreuer:
Prof. Dr. Walter Perron