Dr. Marc Engelhart

Sanktionierung von Unternehmen und Compliance


Status

Das Projekt ist abgeschlossen

Publikation

  • 889 Seiten; Berlin, 2010
  • ISBN: 978-3-86113-845-7
  • Preis: 55 EUR

Auszeichnung mit der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft für hervorragend qualifizierte junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dem Otto-Hahn-Award und mit dem Preis der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung.

Die Arbeit widmet sich der Sanktionierung von Unternehmen in Deutschland und den USA. Sie zeigt, wie die staatliche Kontrolle durch das Privat- und Wirtschaftsverwaltungsrecht inzwischen intensiv um unternehmensinterne Compliance-Maßnahmen ergänzt wird. Die verschiedenen Formen der Compliance setzen auf eigene Maßnahmen der Unternehmen, Rechtsverstöße zu vermeiden oder geschehene aufzudecken. Die Untersuchung ergänzt die bisher v.a. gesellschaftsrechtlich orientierte Forschung um eine dezidiert sanktionsrechtliche Perspektive. Sie schließt eine Forschungslücke im Bereich der Rechtsvergleichung durch die detaillierte Analyse des deutschen und amerikanischen Unternehmenssanktionsrechts. Um die rechtspolitische Entwicklung anzustoßen, stellt der Autor ein ausgearbeitetes Unternehmenssanktionsgesetz zur Debatte. Mit dem Entwurf eines Verbandsstrafgesetzbuchs hat das Land NRW im Jahr 2013 diese Diskussion in konkrete Bahnen gelenkt.

Die klassisch rechtsvergleichende Untersuchung vermittelt zunächst einen in sich geschlossenen Überblick über die Rechtslage in Deutschland und den USA. Zudem werden thematisch strukturiert beide Länder gegenüberstellt und damit Ansatzpunkte für die abschließenden rechtspolitischen Überlegungen gewonnen. Die USA erweisen sich wegen ihrer langjährigen Erfahrung mit der Bestrafung von Unternehmen wie auch der Umsetzung von Compliance-Maßnahmen als prototypisch. Die Analyse bezieht Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung sowie empirische Daten zu materiellen, sanktionsrechtlichen und prozessualen Regelungen mit ein.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmensstrafe in den USA zu einem zentralen Element der staatlichen Steuerung der Wirtschaft geworden ist. Ähnliches gilt für die ordnungswidrigkeitenrechtliche Belangung in Deutschland. In den USA hat der Compliance-Ansatz durch die Einführung der Strafzumessungsrichtlinien im Jahr 1991 großen Einfluss auf Rechtsetzung und Rechtspraxis erlangt. Compliance ist inzwischen weit über den ursprünglichen Bereich der Strafzumessung hinaus von Bedeutung. In Deutschland dagegen fehlt es an einer den Strafzumessungsrichtlinien entsprechenden Verankerung, sodass kein einheitlicher und übergreifender Compliance-Ansatz besteht.

Beiden Ländern gemein ist, dass Compliance-Programme die Verantwortlichkeit von Unternehmen nur bedingt ausschließen, insbesondere dadurch, dass sie Verantwortungsbereiche von Mitarbeitern klären und festlegen. Größere Bedeutung erlangen Compliance-Programme im Rahmen der Festsetzung von Sanktionen, bei denen sie als effektive Programme mildernd berücksichtigt werden, als ineffektive Programme jedoch auch zu einer Verschärfung der Sanktion führen können. Von überragender Bedeutung sind sie in den USA auch im prozessualen Bereich, vor allem als informelle Sanktionsmöglichkeit der Staatsanwaltschaft. Eine äquivalente Bedeutung findet sich im deutschen Verfahrensrecht nicht.

Die Arbeit zeigt auch, dass nur die gleichzeitige Betrachtung von Verantwortlichkeit, Sanktionen und Verfahrensrecht eine konsistente Belangung von Unternehmen ermöglicht. Deren Einbeziehung im Rahmen einer regulierten Selbstregulierung durch staatliche Vorgabe der Rahmenbedingungen der Compliance, die die Unternehmen anschließend konkretisieren, erweist sich als vielversprechendes Mittel zur Schaffung von unternehmensinternen Strukturen, die Rechtsbrüchen entgegenwirken und eine Aufdeckung erleichtern. Die rechtspolitischen Überlegungen zeigen, dass sich Compliance und Sanktionsrecht zu einem schlüssigen Gesetzeskonzept zur Prävention von Wirtschaftskriminalität verbinden lassen.

Dr. Marc Engelhart

Dr. Marc Engelhart wurde in Stuttgart geboren. Nach dem Wehrdienst nahm er sein Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg auf. Dieses schloss er 2003 ab.

Im Studienjahr 1999/2000 verbrachte er ein vom DAAD gefördertes Auslandsjahr an der juristischen Fakultät der University of Edinburgh. Während des Studiums war er Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Studienbegleitend arbeitete er als Mitarbeiter für Prof. Dr. Albin Eser.

Das Referendariat absolvierte er von 2003 bis 2005 am Landgericht Freiburg. Von 2003 bis 2009 war er wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht.

Die Aufnahme in die Research School erfolgte im April 2007. Im Februar 2010 schloss er seine Promotion ab.